Mit der Reform des Sexualstrafrechts durch den Deutschen Bundestag wurde noch vor der Sommerpause eine unverständliche bis schmerzhafte Lücke zwischen der geltenden Gesetzeslage und dem Unrechtsempfinden in der Bevölkerung geschlossen. Ich bin froh, dass ein Anliegen, für das wir bereits viele Jahre streiten, nun seinen Weg ins Strafgesetzbuch gefunden hat.
In Zukunft sind alle nicht-einvernehmlichen sexuellen Handlungen unter Strafe gestellt. Das „Nein!“ des Opfers reicht aus, um die Strafbarkeit zu begründen. Vor drei Monaten haben ich noch mit Claudia Joseit (Vertretung für die Dresdner Gleichstellungsbeauftragte, Dr. Stanislaw-Kemenah) und Dorothée Marth (Familienpolitische Sprecherin der SPD-Stadtratsfraktion) beim Stadtgespräch „Nach der Hysterie – Sexualisierte Gewalt in Dresden“ über die notwendigen Änderungen im Sexualstrafrecht gesprochen. Nun ist das Ziel erreicht. Das Thema wird nicht mehr heruntergespielt und die häufig mitschwingende Annahme einer Mitschuld des Opfers ist endlich passé. Geistige Entgleisungen, wie das in konservativen Kreisen gern zitierte „dann mach doch die Bluse zu“ (Birgitt Kelle), zeigen, wie bitter nötig und überfällig die Reform war.
Die bisherige Rechtslage wurde speziellen Situationen einfach nicht gerecht. Musste der Täter bisher sein Opfer nötigen, Gewalt anwenden oder eine schutzlose Lage ausnutzen, reicht nun die deutliche verbale Ablehnung des potentiellen Opfers. Endlich gilt: „Nein heißt Nein“.
Die damalige Diskussion beim Stadtgespräch stand im Kontext der vergangenen Silvesternacht in Köln und auch anderen deutschen Städten. Im Gegensatz zur erst dadurch breit geführten gesellschaftlichen Debatte ist das zu Grunde liegende Problem leider viel alltäglicher. Zwar waren die sexuellen Übergriffe aus dem Schutz großer Gruppen heraus neu, die sexualisierte Gewalt im sozialen Nahraum und unsittliche Brührungen im Intimbereich sind es dagegen nicht und es ist eigentlich völlig unbegreiflich, dass solche Handlungen bisher nicht strafbar waren.
Mit der Reform des Sexualstrafrechts konnten wir nun endlich das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung stärken, dafür haben wir uns lange eingesetzt. Zwar ist es schade, dass es für ein Umdenken der Union erst die Ereignisse von Köln, Hamburg und Co. bedurfte. Dennoch bin ich nun froh, dass diese Reform einstimmig durch den Bundestag gebracht wurde.